Cézanne und Aix-en-Provence

Er gehört zu einer der weltberühmtesten Künstler der Welt, doch blieb er in seinem Herzen stets Provenzale. Paul Cézanne malte in seinem bahnbrechenden Stil besonders seine geliebte Heimat. Denn von der Provence und von seinem Geburtsort Aix-en-Provence konnte sich der Künstler nie trennen. Zu sehr faszinierte ihn das einzigartige Licht, die wunderschöne Natur und der tiefblaue Himmel der Provence. Hier entwickelte er seinen charakteristischen Kunststil, der bald darauf Vorbild für die Kunstwelt wurde. Die Landschaft der Provence wurde Ideal einer neuartigen, lebendigen Kunst, die Menschen auf der gesamten Welt begeistern sollte.

Cézanne und seine geliebte Heimatstadt

Am 19. Januar 1839 erblickte Paul Cézanne das Licht der Welt inmitten von einem der Inbilder der provenzalischen Städtchen: Aix-en-Provence. Es war der Geburts- und Ausbildungsort einiger später berühmter Künstler aller Art. Cézanne lernte daher bereits in der Schule allerlei kunst-begeisterte Mitschüler kennen, die auch in ihm die Leidenschaft für die Malerei entfachten. Vor allem mit Philippe Solari, der später als provenzalischer Bildhauer bekannt werden sollte, und Emile Zola, einem späteren Schriftsteller, entwickelte Cézanne tiefe Freundschaften, die sein Leben prägen und lange andauern sollten. Umgeben von diesem künstlerischen Umfeld, wollte auch der junge Cézanne seiner Begeisterung für die bildliche Kunst nachkommen. Doch sein strenger Vater, der Bankier Louis-Auguste Cézanne, hatte kein Vertrauen in die künstlerischen Ambitionen seines Sohnes, woltle er Paul vielmehr als seinen Nachfolger im Bankwesen. Heimlich besuchte Cézanne jedoch die freie Zeichenschule von Aix, in der er bald mehr Zeit mit der Kunst als mit seinem Studium der Rechtswissenschaften verbringen sollte. 1861 jedoch gab Louis-August dem Drängen seines Sohnes nach und erlaubte ihm, sich als Maler auszuprobieren. Cézanne beschloss daraufhin, seinem guten Freund Zola in die Hauptstadt der Kunst, Paris, zu folgen. Es war ihm sehr schwergefallen, seine geliebte Heimatstadt zu verlassen, doch war ihm bewusst, dass er Abstand von seinem Vater brauchte, um seiner Leidenschaft nachgehen zu können. Allerdings hoffte er stets, dieser alsbald auch in seiner Heimat nachgehen zu können.

In Paris angekommen gelang Cézanne hingegen kein guter Start. Erst wird er von der berühmten „école des Beaux-Arts“, einer der wohl renommiertesten Kunstschule der Welt, abgewiesen. Dann erfährt er auch in der Kunstszene von Paris, die als „Salon de Paris“ agierte, nur Ablehnung für seine Kunst. Der junge Künstler bemüht sich daraufhin, den großen Meistern seiner Zeit nachzueifern und beginnt im Stile der französischen Romantik und des beginnenden Realismus dunkel und realistische Szene zu malen. Doch seine Hoffnungen in der Kunststadt endlich seiner Begeisterung nachkommen zu können, werden durch die zunehmende Ablehnung Cézannes deutlich enttäuscht. Er fühlt sich fremd in der großen Stadt und beschließt noch im selben Jahr seines Umzugs, wieder in seine Heimatstadt zurückzukehren. Paris hatte ihn dermaßen enttäuscht, dass er sogar zeitweise in der Bank seines Vaters arbeitete und gänzlich seine Kunst vernachlässigte. In Aix bekam er jedoch schnell neuen Mut und begann erneut, Kontakte in der Kunstszene in Paris zu knüpfen. Denn wie ihm ging es vielen jungen Künstlern, die mit ihrem innovativen Stil gegen die traditionelle Kunst der alten Meister rebellierten. Gemeinsam gründeten sie den „Salon des Refusés“ (Salon der Zurückgewiesenen), wo auch Cézannes frühe Werke erstmals ausgestellt werden. Der junge Künstler fasste langsam Fuß der neuen Kunstszene, die sich um Claude Monet und Auguste Renoir bald als „Impressionisten“ bezeichnen sollten. Trotz des künstlerischen Mittelpunktes in Paris kann Cézanne nur schmerzlich auf seine Heimat verzichten und so pendelt er stets zwischen Paris und Aix-en-Provence. Es sollte dennoch einige Zeit dauern, bis er sich endgültig von Paris lösen und vollends in seine Heimat ziehen konnte.

Es ist hingegen erst 1875, als entdeckt der Künstler das eindrucksvolle Licht der Provence als ideale Bedingungen für seinen lebendigen Stil, der sich an den Impressionisten orientiert, erkannte. Das unbeschreiblich intensive Licht der provenzalischen Sonne lässt die natürlichen Farben der herrlichen Landschaft erstrahlen wie nichts anderes. Nirgends leuchtet die Natur so wie hier, findet Cézanne. Er beginnt zunehmend die Motive seiner Heimat mit den wundervollen Lichtverhältnissen zu malen, wird bunter und lebendiger und löst sich immer mehr von seiner ursprünglich dunklen Phase. Seine Liebe zu seiner Kunst und seiner Heimat scheint Cézanne jedoch zunehmend zu vereinnahmen. Denn je mehr Zeit er in der Provence verbringt, desto mehr wird er zum Einzelgänger, widmet sich nur noch seiner Malerei und verbringt Stunden unter dem tiefblauen Himmel. Bald ist der Künstler kaum noch in Paris anzutreffen, sondern malt zunehmend in der Natur von Aix-en-Provence. Seine Frau und sein Sohn bleiben jedoch in Paris, scheint Paul Cézanne sich völlig seiner provenzalisch-künstlerischen Begeisterung hinzugeben. Ab 1899 hält sich der Künstler nun ausschließlich in Aix-en-Provence auf und lässt sich ab 1901 im Norden der Stadt ein kleines Atelier nach seinen Vorstellungen bauen, wo er nur wenige Jahre später inmitten seiner geliebten Landschaft sterben sollte.

Aix-en-Provence verehrte heute ihren berühmten Sohn wie er seine Heimatstadt einst geliebt hat. Die Kleinstadt, die als einer der bedeutendsten und idyllischsten seiner Region gilt, bietet eine Vielzahl an Besuchermöglichkeiten, um das Leben von Cézanne so nahe wie möglich zu kommen. Auf fünf Wegen führt Aix Kunstliebhaber auf die Spuren des Künstlers an jene Orte in der Natur, die Cézanne oft besuchte und von wo aus er seine berühmten Landschaftswerke malte. Auch sein Atelier ist heute für alle Augen geöffnet und zeigt noch immer die künstlerische Ausstattung, die Cézanne einst in seinem Haus aufgebaut hat. Seine Möbel, Staffelei und Palette sowie ein paar Double seiner berühmtesten Stillleben lassen sich in dem lichtdurchfluteten Raum umgeben von dem grünen provenzalischen Garten bewundern. Das einstige künstlerische Ambiente, das Cézanne so sehr inspirierte, lässt sich für die Öffentlichkeit damit heute noch spüren.

Nichtdestotrotz war Aix-en-Provence nicht immer so stolz auf seinen weltbekannten Bewohner. Denn zu Lebzeiten wurde der Cézanne von seinen Mitbürgern in Aix verspottet und für seine Leidenschaft und neuen Kunststil belächelt. Kaum einer glaubte an den Künstler und seine Werke, war für die Einwohner von Aix-en-Provence die Abbildung ihrer Landschaft ein verwunderliches Motiv. Ebenso die Faszination, die Cézanne seiner Heimat und deren Natur entgegenbrachte, war für die Aixer Einwohner unverständlich. Daher verblieb nach dem Tod des berühmten Künstlers 1906 kaum ein Werk auf dem Gebiet der Stadt. Doch als ihr verspotteter Künstler mit seinen Werken weltberühmt wurde, änderte sich rasch die Meinung über Cézanne. Die neue Generation in Aix stellt jedoch schnell fest, dass kaum eines seiner Werke in seiner Heimat geblieben war. Doch Aix-en-Provence wollte nun ihren berühmten Sohn würdigen und fragte so den Louvre in Paris um eine Leihgabe der Werke von Cézanne an. Heute ist es dem französischen Zusammenhalt zu verdanken, dass ein paar der Werke wieder ihren Weg in die Provence gefunden und im Kunstmuseum von Aix-en-Provence ausgestellt werden können.

Cézanne und der Mont Sainte-Victoire

Kein anderes Motiv malte Cézanne so häufig den „Mont Sainte-Victoire“; den Hausberg von Aix-en-Provence. Als einer der Berge der Alpillen übte er einigen Einfluss auf den berühmten Künstler aus. Paul Cézanne wählte den Ort seines Ateliers im Norden von Aix mit einer idealen Sicht auf seinen geliebten Berg. Egal ob im satten Grün des provenzalischen Sommers, in bunten Herbstfarben, in kalt-kahlen Ambiente des Winters oder die Lebendigkeit des Frühlings – in allen Phasen kann man den Mont Sainte-Victoire in den Werken von Cézanne bewundern. Es war das wichtigste Thema seiner letzten künstlerischen Jahre, als er endlich in die Provence zog. Unmittelbar in der der Nähe seines provenzalischen Ateliers verfügte Cézanne über einen wunderbaren Blick auf den Mont Sainte-Victoire. Auf dem „plateau de Bibémus“, das später zu einer der Pilgerstätte für Cézanne-Begeisterte werden sollte, verbrachte er unter freiem Himmel Stunden damit, das Gebirge und seine ländliche Umgebung auf der Leinwand zu verewigten und probierte sich dabei immer wieder aus. Paul Cézanne wollte die herrliche Natur der Provence mit dem Menschen zusammenbringen, setzte er immer wieder Figuren in die provenzalische Landschaft. Hatte er sich zuvor seinen Lebensunterhalt als Porträtmaler verdient, konnte er nun endlich auch jene Schönheit der Natur verewigen, die er seit seiner Kindheit bewunderte. Es war ein geschicktes Zusammenspiel aus Farben, Formen und Figuren, die Cézanne in einer künstlerischen Komposition gekonnt zusammenbrachte. Das Gebirge scheint Cézanne Glück zu bringen, ist es seine Serie des Montagne Sainte-Victoire, die ihn bereits zu Lebzeiten auch im Ausland berühmt machen sollte. Bei nationalen wie internationalen Publikum erfreuten sich die Abbildungen des Hausberges von Aix großer Beliebtheit und wurden zunehmend in Galerien auf der ganzen Welt gezeigt. Cézanne machte den eindrucksvollen Berg und seine wunderschöne Landschaft damit auf der ganzen Welt bekannt, begeisterten sich nun viele für die Schönheit dieser Region, aus der die innovativen Bilder des provenzalischen Künstlers stammen. Allerdings war es nicht nur Cézanne, der sich von dem eindrucksvollen Berg inspirieren ließ. Vielmehr wurde der Mont Sainte-Victoire zu einem Ideal der neuen Kunst in Bild und Literatur. Wie Cézanne verewigte auch Pierre-Auguste Renoir, der ebenfalls zu den bekanntesten Impressionisten seiner Zeit gehört, den Hausberg von Aix-en-Provence. Zudem war es Pablo Picasso, der am Nordhang des Gebirges, zu dem der Montange Sainte-Victoire gehört, ein kleines Schlösschen erwarb und hier, ähnlich wie Cézanne, seine letzten Lebensjahre verbrachte. Neben Picasso ließ sich ein weiterer unkonventioneller Künstler von dem Berg inspirieren. Wassily Kandinsky wurde wie seine Künstlerkollegen in seiner Zeit in Frankreich von dem Mont Sainte-Victoire für seine expressionistischen und abstrakten Malereien von dem Berg angeregt und brachte ihn in seinen innovativen Werken auf neue Art und Weise auf die Leinwand. Wie das Gebirge Einfluss auf die abstrakten Maler nahm, so beeinflusste es ebenso einige Schriftsteller, die seine Kraft in lyrischen Worten festhielten. Am bekanntesten ist das Werk des österreichischen Literaturnobelpreisträges Peter Handke, der 1980 „Die Lehre der Sainte-Victoire“ veröffentlichte. Die Energie, die Cézanne bereits im 19.Jahrhundert so faszinierte, bewegt damit auch heutzutage noch Künstlerinnen und Künstler verschiedener Disziplinen auf der Welt.


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