Die provenzalische Küche

Frankreich und ihre haute cuisine: Quiche, Coq au Vin, Ratatouille oder Salade Niçoise – die „haut cuisine“ ist weltberühmt für ihre Qualität und ihren Genuss. Doch vor allem in der Provence überzeugen die Provenzalen mit ihrer exquisiten Küche, die wie keine andere mit intensiven Düften und berauschenden Geschmäckern kulinarische Meisterwerke in allen Farben und Formen auf den Tisch zaubert. Dabei lässt sich immer ein Stück der sonnigen Provence schmecken, wenn allerlei regionale Produkte mit uralten Traditionen verbunden werden.

Ein kulinarisches Paradies

Die Provence ist ein reines Paradies für alle Feinschmecker. Hier wird so ziemlich alles angebaut, was einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt: Obst und Gemüse in allen möglichen Farben, nahezu betäubende Düfte der wildwachsenden Kräuter und natürlich die Nähe zum Meer, sowie die vielen Weideflächen ermöglichen den provenzalischen Köchen die Vielfalt der Provence durch ihr Handwerk zu würdigen. Dabei beweisen sie, dass Genuss nicht schwierig sein muss. Ganz im Gegenteil, viele der traditionellen Gerichte sind oft einfacher in ihrer Zubereitung als gedacht, denn mit den frischen regionalen Zutaten ist es ein Leichtes, Köstlichkeiten auf den Tisch zu bringen. Oft ist es daher das saisonale Gemüse, das verfeinert mit den himmlischen Kräutern zu Fleisch oder Fisch gereicht wird. Doch darf man die Einfachheit der provenzalischen Küche nicht falsch verstehen: Eben genau deshalb bietet sich eine wahrliche Geschmacksexplosion, die dem Genuss der Natur zu verdanken ist. Aus diesem Grund sind die Gerichte nicht nur wohlschmeckend, sondern auch wohltuend, wenn ohne viel Zusätzliches nährstoffreiche Speisen den Gaumen erfreuen. Natürlich lassen sich die wunderbaren Speisen anderswo nachkochen, doch nirgendwo anders als in der Provence selbst werden sich so aromatisch und vorzüglich schmecken, wenn sie nicht mit den frischen Zutaten der provenzalischen Landschaft selbst gekocht wurden. Die frischen regionalen Produkte machen es ein Leichtes, wohltuend zu kochen und zu backen, weshalb die provenzalische Küche so bunt und vielfältig ist wie das Reichtum ihrer Region selbst. Herzhaft oder süß, deftig oder leicht, gegart, gedünstet oder gebacken – all das ist die Kochkunst in der Provence. Da ist es ein Schweres, alle regionalen Köstlichkeiten zu erfassen, schließlich schmeckt alles „à la provençale“ einfach herrlich himmlisch.

Gemüse und Obst

Als größter Erzeuger Frankreichs von Gemüse, Obst und Kräutern ist die Provence mit ihren regionalen landwirtschaftlichen Produkten ein wahrlicher Traum für Gemüsegerichte und Obstspeisen aller Art. Wo damals Fleisch und Fisch als teure Delikatesse in der zum Großteil armen Bevölkerung galt, nutzen die Provenzalen die aromatische Vielfalt ihrer Region. Allerlei Gemüsegerichte sind so heutzutage fester Bestandteil der provenzalischen Küche und auf der gesamten Welt berühmt.

Am bekanntesten ist wahrscheinlich das provenzalische Ratatouille, das all die köstlichen Produkte der Provence vereint und doch sehr einfach ist. Unter der provenzalischen Sonne gereifte Möhren, Zucchini, Aubergine, Paprika, Zwiebeln, Knoblauch und natürlich Tomaten, verfeinert mit den berühmten „herbes de provence“ und dem hiesig produzierten Olivenöl, sorgen als Gemüseeintopf für ein wahrliches Geschmackserlebnis, stehen sie doch sinnbildlich für die Region. Kalt oder warm als Beilage oder Vorspeise: Das Ratatouille ist ein wahrlicher Alleskönner!

Ein ebenso einfacher Klassiker ist die Soupe-au-Pistou, eine Gemüsesuppe mit Nudeln, die neben den Kräutern der Provence mit einer fabelhaften Basilikumpaste, der Pistou, veredelt wird. Hier lässt sich der mediterrane Einfluss auf die provenzalische Küche und ihre Nähe zu jener Italiens schmecken, denn die Pistou ist das provenzalische Pesto. Auch ähnelnd die Suppe selbst der italienischen Minestrone, doch ist es eben das provenzalische Gemüse, das der Soupe-au-Pistou seinen einzigartigen Geschmack verleiht.

Mit dem vielen frischen Obst lassen sich traumhafte Obstkuchen zaubern, die oft nur ein einfacher Mürbeteig belegt mit den sonnengereiften Früchten sind. Doch die farbenfrohe Vielfalt lässt sich auch gut konservieren, wenn die Provenzalen zur Erntesaison als Vorbereitung auf die kalte Jahreszeit köstliche Obstkompott und Marmelade einkochen, die die Sonne auch im Winter erstrahlen lässt. Allerdings ist eine andere Art der Konservierung die wahrliche Spezialität der Region: Kandierte Früchte, die mit ihrer schillernden Zuckerschicht wie Edelsteine wirken, werden von hier in die gesamte Welt exportiert. Das Funkeln der „fruits confits“ aus ihrer Hauptstadt Apt bringt die Sonnenstrahlen der Provence an alle Ecken der Welt. Die köstlichen Früchte verfeinern frisch oder kandiert ebenso einige Meisterwerke der französischen Patisserie und sind hier wahrlich die Kirsche auf dem Torte.

Nicht außer Acht zu lassen sind natürlich die Oliven, die auf vielfältige Art und Weise fester Bestandteil jedes provenzalischen Gerichts ist. So kommt bei den Provenzalen kein anderes Öl als Olivenöl zum Einsatz, das Gemüse, Fisch und Fleisch seine besondere Note verleiht. Doch ebenso eingelegt sind grüne und schwarze Oliven eine wahrliche Delikatesse und sehr beliebt als kleine Vorspeise oder als Verfeinerung allerlei Gerichte. Besonders bekannt ist die Provence allerdings genauso für ihre Pasten und Aufstriche, die einfache Baguettescheiben zu einer wahrlichen Köstlichkeit machen oder als Würzung für viele Speisen genutzt werden. Auch hier sind die Oliven ein unverzichtbarer Faktor. Besonders wohlschmeckend ist dabei die berühmte Tapenade, eine Paste aus schwarzen Oliven, Sardellen, Kapern und Olivenöl. Auch grüne Oliven werden als Paste verarbeitet und gerne als Brotaufstrich verwendet, bleibt jedoch das Olivenöl fester Bestandteil nahezu aller Pasten, so auch der bekannten Knoblauch-Aioli, die als Dip zu allerlei Gerichten gereicht wird.

Fisch und Fleisch

Neben dem Ratatouille verbinden viele mit der provenzalischen Küche selbstverständlich die Bouillabaisse, die ursprünglich von den Häfen der provenzalischen Hauptstadt, Marseille, stammt. Die weltbekannte Fischsuppe vereint die Vielfalt des Mittelmeeres und galt ursprünglich als Verwertung der Fischreste der Fischer Marseilles. Der einzigartige Geschmack hat die Bouillabaisse jedoch nicht allein ihrem fangfrischen Fisch zu verdanken, sondern vielmehr spielen hier die aromatischen Gewürze der Provence eine entscheidende Rolle. Nicht nur die Kräuter der Provence in Kombination mit Knoblauch und Zwiebeln sind entscheidend für den vorzüglichen Geschmack, vielmehr ist es die traditionelle Rouille, eine rostrote Paste oder fast Brühe, die viele Suppen verfeinert. Dabei ist die Bouillabaisse mit Nichten die einzige Fischsuppe der Provence, denn hier lassen sich allerlei „soupe de poisson“ finden. Doch nicht nur als Suppe wird der Fisch in der Provence serviert, sondern vielmehr betünchen fangfrische Fische, Schalentiere und Muscheln zusammen mit köstlichen Gemüsegerichten und herrlichen Baguette mit der provenzalischen Einfachheit alle Geschmackssinne.

Fischgerichte sind jedoch insbesondere für die Küste bekannt, wohingegen im Inland der Provence die stundenlang geschmorten Fleischgerichte charakteristisch sind. Das „Daube provençal“ kann vom hiesigen Lamm, Stier, Rind oder Wildschwein stammen, das in Rotwein mehrere Stunden zu einem aromatischen Fleischragout geschmort wird. Außerdem gibt es je nach Region verschiedene Fleischspezialität, die auf die unterschiedlich tradierte Viehzucht zurückgeht. In der Camargue prägen zum Beispiel die schwarzen Stiere die Landschaft und Kultur wie nichts anderes, weshalb hier die „gardianne de taureau“, der lang gekochte Stierschmorbraten verfeinert mit Rotwein, traditionell mit dem Camarguereis serviert wird. In anderen Gegenden ist es vor allem das Lammfleisch, und hier insbesondere jenes aus Sisteron (agneau de Sisteron), das auf unterschiedliche Art und Weise zubereitet wird. Neben Fleischschmorgerichten gehören ebenso einige Wurstwaren zu den kulinarischen Delikatessen der Provenzalen, die ebenfalls je nach lokaler Tradition unterschiedlicher nicht sein könnte, dabei jedoch oft geräuchert sind und als hauch dünn geschnittene „saucisson“ neben Oliven zum kleinen Apéro gereicht werden.

Feste

Das Essen ist den Provenzalen verständlicherweise durch ihre ausgezeichnete Küche heilig. Entsprechend wird der Landwirtschaft hohen Respekt gezeugt und durch alle möglichen Riten und Feste gewürdigt. Nicht nur sind die Ernten der verschiedenen Produkte immerzu ein ganz besonderes Ereignis, auch in anderen Teilen ihrer Kultur lässt sich die Bedeutung des Essens in Verbindung mit der Wertschätzung ihrer Region sehen. So werden die Ernten der verschiedenen Gemüse- und Obstsorten ebenso stark gefeiert wie die Weinlese oder die Olivenernte. Wird in Cavaillon im Sommer die einzigartige Charaentais (Cavaillon-) Melone mit einem großen Melonenfest geehrte oder im Februar das spektakuläre Zitronenfest in Menton veranstaltet, wird ebenso die Tieren und ihrer Bedeutung für die Region ein außerordentlicher Respekt gezeugt. Sei es die Fischerfeste an der Mittelmeerküste oder die unblutigen Stierkämpfe der Camargue – zu Ehren ihrer Nutztiere veranstalten die Provenzalen oft allerlei Festlichkeiten. Doch nach wie vor sind es vor allem die Weinfeste und der Trubel um die Ernte der Oliven, die insbesondere den Herbst zu einem der Natur gewidmeten Zeit im Luberon machen.

Eine wichtige Rolle spielen dabei jedoch die einzigartige Markttradition des „marché provençal“, wo die unbeschreibliche kulinarische Vielfalt in einer Farbenfroheit und berauschenden Atmosphäre sondergleichen an einem Ort zu bestaunen sind. Die Bauernmärkte der Provence lassen das Gemüt und den Respekt der Provenzalen gegenüber ihrer weltberühmten Küche erspüren. Hier gelangt man am nächsten an die die reichhaltige Palette der Provence heran, die kombiniert mit der haute cuisine des französischen Wesens das kulinarische Exquisit der „cuisine provençal“ zaubert.

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