Lourmarin

Im Durchgang vom Kleinen zum Großen Luberon gelegen zählt Lourmarin zu den „plus beaux villages de la France“ und ist das wohl berühmteste Dörfchen am Südhang des Luberon. Zurückversetzt ins 16.Jahrhundert, zwischen traumhaften Fassaden, Renaissance-Schloss, Weinfeldern und Olivenhainen, bezaubert der pittoreske Ort mit seinem einzigartigen Charme. Neben Gordes ist Lourmarin damit nicht ohne Grund das wohl meistbesuchte Dorf in der Region des Luberon und zieht jährlich viele Besucher in seine kleinen Gässchen und einladenden Cafés und Bistros.

Inspirationsquelle

Der traumhafte Charme des Dörfchens bezaubert nicht nur die Touristen, nein, vielmehr dient die einzigartige Kulisse Lourmarins als künstlerische Inspirationsquelle vieler Literaten und Künstler. Zahlreiche kleine Kunstgalerien säumen die Ränder der kleinen Gässchen, zieren die Renaissance-Fassaden und versetzen die Besucher des Ortes nahezu in einen kleine Museumsgang. Betritt man einer der vielen Galerien, so wird schnell klar, dass man mit den Künstlern und Künstlerinnen selbst spricht, die in der Region oft nicht unbekannt sind. Im Austausch mit ihnen ergibt sich ein völlig neues Bild auf den Ort und seine Region – fast möchte man selbst zum Pinsel greifen und die einzigartige Atmosphäre einfangen. Von Landschaftsmalerei über abstrakte Malerei bis hin zu Skulpturen und formender Kunst regt Lourmarin einige Künstlerinnen und Künstler zu immer neuen Werken an.

Doch nicht nur in der Kunstszene ist Lourmarin ein ganz besonderer Ort, sondern ebenso für einige Schriftsteller Ort ihres Schaffens und ihrer Inspiration. Dabei diente das Dorf einigen bekannten Literaten als Wohnort. Literaturnobelpreisträger Albert Camus erstand hier 1958 sein lang ersehntes Haus in der Provence, in dem er bis zu seinem plötzlichen Tod einige Zeit verbrachte und an seinem letzten großen Werk „le premier homme“, einem autobiografischen Roman über seine Kindheit und frühe Jugend in Algerien, arbeitete. Das Haus des zu Ehren seines ehemaligen berühmten Bewohners in „rue Albert Camus“ umbenannten Sträßchen ist heute noch in Familienbesitz der Camus. Der große Literat erfüllte sich mit seinem Anwesen einen lang ersehnten Traum und wurde damit von der Region Lourmarins und somit die des Luberon ebenso verzaubert wie viele andere auch. Seine Grabstätte liegt deshalb ebenfalls im Örtchen, die Ende eines kleinen von der Stadt angebotenen Spaziergangs auf den Spuren von Camus ist. 

Ein Kind der Region ist der Schriftsteller Henri Bosco, der seit seinem dritten Lebensjahr mit seiner Familie in Lourmarin lebte und sich von dem charmevollen Ort ebenso wie Camus verzaubern ließ. Sein Heimatort schien Bosco von besonderer Bedeutung zu sein, denn er setzte sich besonders für den Erhalt und die Restauration des traumhaften Renaissance-Schlosses ein. Weit weg von zuhause zog es den Schriftsteller damit nie, er lebte und arbeitete größte Zeit seines Lebens in dem verschlafenen Dörfchen und auch sein Grab lässt sich auf dem Friedhof von Lourmarin finden. Nicht umsonst zählen seine verfassten Jugendbücher zu den Klassikern in Frankreich, in denen er die Provence und damit seine Heimat in die Kinderzimmer in ganz Frankreich brachte. Viermal wurde er deshalb für den Literaturnobelpreis nominiert und erlangte einige nationale und internationale Auszeichnungen. Wie Camus lässt Bonsco sein Heimatdorf wie kein anderes für die Provence und den „mittelmeerischen Geist“ sprechen, für den Lourmarin heute noch in der Literaturszene bekannt ist.

Sehenswertes

Allein die Route nach Lourmarin auf der Landstraße von Apt aus ist eine Panoramafahrt schlechthin. Die enge Kurvenstraße führt zwischen dem Kleinen und Großen Luberon hindurch. Ein kleines Bächlein schlängelt sich entlang des Straßenrandes, steile Kalksteinfelsen ragen in die Höhe empor und die vielen Eichenbäume liefern einen angenehmen Schatten. Eingetaucht in eine kleine Märchenwelt, erreicht man schließlich den Eingang von Lourmarin, von wo von Weitem bereits der hohe Turm auffällt, der über dem Dörfchen wacht und gleich am Fuße des Schlosses das Auto geparkt werden kann.

Der auffallende Glockenturm mit seiner riesigen runden Uhr und imposanten Glocke wird von den Einwohnern Lourmarins liebevoll als „Boîte de Sel“ bezeichnet, da seine Form an ein Gefäß zur Lagerung von Salz erinnert, das charakteristisch in der provenzalischen Küche genutzt wird und damals in keinem Haushalt fehlen durfte. Seine bemerkenswerte Uhr wurde aus Steinen des Renaissanceschlosses von Lourmarin gehauen und bietet damit ein besonders dörfliches Detail.

Am bekanntesten ist Lourmarin hingegen wohl für sein pittoreskes „Château de Lourmarin“, einem Renaissanceschloss der ehemaligen provenzalischen Barone. Auf den Überresten eines Schlosses der Baux-Familie, die dieses im 12. und 13. Jahrhundert bauten, ließ Foulques d´Agoult, seinerzeit Kammerherr von König René I d´Anjou, den heute als „Château Vieux“ bezeichneten alten Teil des Schlosses errichten. Ihm folgte das „Château Neuf“ mit einem Renaissanceflügel im 16.Jahrhundert, womit das Schloss zum ersten Renaissancegebäude der Provence wurde. Doch bereits Ende des 16.Jahrhundert sollte das prachtvolle für eine lange Zeit bis zur Französischen Revolution durch Besitzerwechsel leer stehen. Auch nach der Französischen Revolution war es zwar zeitweise bewohnt, fiel jedoch immer wieder in unterschiedliche Hände und sein ursprünglicher Glanz verging mit seinem zunehmenden Zerfall. Erst als der historikinteressierte Fabrikant Robert Laurent-Vibert aus Lyon da Anwesen 1920 erwarb, wurde das Château vor seinem endgültigen Verfall gerettet und aufwendig mit Unterstützung des gesamten Dorfes renoviert. In seinem Nachlass vermachte Laurent-Vibert sein Werk der „Académie des Sciences, Arts et Belles Lettres“ von Aix-en-Provence mit dem Auftrag, das Schloss in einen gemeinnützigen Ort umzuwandeln, der freie Künstlerinnen und Künstler, Literatinnen und Literaten, Musikerinnen und Musiker und alle weiteren jungen künstlerischen Talente fördern sollte. Damit brachte er den ursprünglichen Glanz zurück in das Renaissanceschloss, das von nun an einen ganz besonderen Charme als Treffpunkt der Künstlerszene entwickelt hat.

Doch nicht nur das Renaissanceschloss nimmt eine besondere Stellung als erstes Renaissancegebäude in der Provence ein. Auch die protestantische Kirche etwas außerhalb des Ortzentrums gehört zu den bemerkenswerten provenzalischen Bauten, denn sie ist der größte protestantische Tempel („temple protestant“) des Départements Vaucluse. Der Anfang des 19.Jahrhunderts erbaute Tempel ist mit seiner 12 Meter Länge und 6 Meter Breite ein wahrlicher Hingucker, der durch seinen Glockenturm einige Jahre nach der Erbauung 1849 ergänzt wurde. Neben dem „Temple“ ist die katholische Kirche Saint-Trophime-Saint-André aus dem 11.Jahrhundert ein ebenso außerordentlicher kirchlicher Bau, in dem sich gotischer und romanischer Stil vereinen und damit die beeindruckende Seitenkapelle mit wunderschönem Rippengewölbe formen.

Natürlich lädt der pittoreske Ortskern mit seinen vielen kleinen gewundenen Gässchen, allerlei verschiedenen Geschäften und Cafés, Bistros und Restaurants zu einem kleinen Spaziergang ein. Entlang der steinernen Häuserfassaden stößt man hier auf vielerlei idyllische Plätze, die zum Verweilen einladen. Ein ganz besonderes atmosphärisches Detail sind die vielen Brunnen von Lourmarin, die mit ihrem Plätschern und wunderschönen alten Architektur auf Plätzen oder an Hausfassaden dem Ort einen einzigartigen Charme verleihen und in Zeiten des touristischen Trubels Ruhe in das Geschehen bringen.

Besonders zur Wochenmarktszeit jeden Freitagvormittag ist das Örtchen immer gut besucht, denn dieser marché provençal gehört zu den schönsten der Provence. Vor dem Schloss und in der Innenstadt preisen bis zu 150 Händler aus der ganzen Region ihre Waren an, es wird gehandelt, getratscht und das Neuste ausgetauscht, die bunte Vielfalt an Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, aber auch Schmuck und Kleidung lässt Lourmarin aufleben und macht den Freitagvormittag zum Höhepunkt des kulturellen Treibens im Dorf. Während der Saison im Sommer von April bis Oktober lässt sich zudem ein weiters kulinarisches Spektakel beobachten. Ein zusätzlicher Bauernmarkt vor der „Fruitière Numérique“ jeden Dienstagnachmittag ab 17 Uhr bis in die Abendstunden hinein lädt zu einer kleinen Sundowner-Tour in den Ort ein, wo im goldenen Abendlicht der Sonne die kulinarische Vielfalt der Provence auf farbenfrohen Ständen probiert und in den zahlreichen Restaurants und Cafés lokale Spezialitäten verkostet werden können.  


Entdecke mehr von Luberon Blog

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu bekommen.

Hinterlasse einen Kommentar